Inobhutnahme Frankfurt am Main – Rechtsanwalt Dr. Stefan Günther berichtet:

Die Inobhutnahme eines Kindes durch das Jugendamt, sei es in Frankfurt am Main oder in jeder anderen Stadt,  ist der schwerste Eingriff in das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG, der nur bei einer erhbelichen Gefährdung des Kindeswohls durchgeführt werden sollte. Entsprechend § 8a SGB VIII erfolgt die Risikoeinschätzung für eine angezeigte Inobhutnahme durch das Jugendamt der Stadt Frankfurt selbst. Eine Kontrolle der durchgeführten Inobhutnahme soll durch das sich anschließende Verfahren vor dem Familiengericht, d.h. dem AG Frankfurt stattfinden. Es sei denn, die betroffenen Eltern entschließen sich auf Druck des Jugendamtes zu einer "freiwilligen Kooperation". Andernfalls werden die Vorwürfe gegenüber den Eltern im gerichtlichen Verfahren untersucht, eine zeitnahe Rückkehr des Kindes ist damit meist jedoch nicht verbunden. Häufig findet währendessen die Unterbringung in einer Pflegefamilie statt. Das gerichtliche Verfahren kann sich leicht bis zu einem Jahr hinziehen, bis dann durch das OLG Frankfurt eine endgültige Entscheidung getroffen wird. Verläuft die Entscheidungsfindung in Bezug auf eine Rückkehr des Kindes für die Eltern negativ, wird das Kind in einer Heimeinrichtung oder einer Dauerpflegefamilie untergebracht. Nur in 39 % aller Fälle kehrt das Kind wieder in seine eigene Familie zurück. Auch die Vertretung der betroffenen Eltern vor dem AG Frankfurt durch einen spezialisierten Fachanwalt für Familienrecht gestaltet sich schwierig, da der Gegenstandswert für das Verfahren regelmäßig bei 3.000,00 EUR liegt und die entstehenden Gebühren, gerade im Bereich der Verfahrenskostenhilfe, zu niedrig sind. Nicht selten werden sich die ohnehin schon psychisch schwer mitgenommenen Eltern auf eine regelrechte Tournee begeben müssen, um vielleicht einen Rechtsanwalt zu finden, der bereit ist, sich – nicht kostendeckend – ihrer Interessen anzunehmen.

 

Steigende Zahl bei Inobhutnahme eines Kindes:

Gegenüber der Anzahl der Inobhutnahmen im Jahr 2009 ist  seitdem eine Steigerung von mehr als 43 % eingetreten. Gegenwärtig liegt die Anzahl bei über 40.000  Inobhutnahmen jährlich.  Der Grund für die explosionsartige Zunahme ist an sich nicht erklärbar. Es kann nur vermutet werden, dass die Eingriffschwelle – unter Abschmelzung der Elternrechte – seitens der Jugendämter deutlich herabgesetzt wurde. Zum großen Teil bestehen gegen diese Verfahrenspraxis erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken.

 

Die Inobhutnahme eines Kindes und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

Mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 26.02.2002, Az: 46544/99, wurde die Bundesrepublik Deutschland wegen ihrer restriktiven Praxis in einem Fall wegen Verletzung von Art. 8 EMRK verurteilt. Nach dieser Entscheidung rechtfertigt die mögliche Erziehung in einem günstigeren Umfeld nicht die Entfernung des Kindes von seinen biologischen Eltern. Alle Bestrebungen seitens der staatlichen Behörden dürfen daher nur vorübergehender Natur sein und müssen auf die Rückführung des Kindes zu seinen Eltern ausgerichtet sein.

 

Zur Kritik an der gegenwärtigen Praxis der Inobhutnahme, Fachanwalt für Familienrecht, Dr. Stefan Günther, Frankfurt:

  • Das Verfahren vor den gerichtlichen Instanzen ist nicht transparent, da die Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.
  • Keine greifbare Dienstaufsicht des Jugendamtes, das weitgehend autonom agiert.
  • Den Eltern ist ihrerseits meist über den Entzug des Sorgerechts die Möglichkeit genommen, über die Medien Öffentlichkeit herzustellen.
  • Eine psychologische oder gar psychiatrische Betreuung der Eltern während der Inobhutnahme findet nicht statt.
  • Die Bestellung der Verfahrensbeistände (Interessensvertreter für die Rechte des Kindes) erfolgt über das Amtsgericht, ebenso wie deren Bezahlung und – so die Praxis in Frankfurt – die „Schulung“ für den künftigen Verfahrensbeistand durch das Gericht selbst. Damit ist keine Distanz zur richterlichen Entscheidungsfindung gewährleistet. Die Kontrollinstanz sorgt somit für ihr eigenes Präjudiz, denn der Stellungnahme des Verfahrensbeistandes, als an sich neutraler Interessenvertreter des Kindes,  kommt maßgebliches Gewicht zu.
  • Ebenso besteht ein kleiner Kreis an Sachverständigen, deren wesentliche Einkünfte die lukrativen Gutachter-Aufträge (bis zu 5.000,00 EUR pro Fall) der Gerichte sind. Diesen wird seitens des Gerichts anheimgestellt, ihrerseits weitere Gutachter für die Fälle zu beauftragen, die von ihnen selbst nicht beantwortet werden kann.
  • Die Einnahmen einer Pflegefamilie für ein Kind aus einer Inobhutnahme sind beträchtlich, die pro Kind zwischen 800,00 – 1.200,00 EUR monatlich vergütet werden. Eine zahlenmäßige Begrenzung von Pflegekindern innerhalb einer Pflegefamilie ist gesetzlich nicht eingeschränkt.
  • Es besteht keine Transparenz, ob im Rahmen einer durchgeführten Inobhutnahme nicht zugleich eine soziale Auslese stattfindet.
  • Keine ständige Überprüfung der notwendigen Dauer der Inobhutnahme, wie vom EUGH gefordert.

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Tel: 069/30851190


Dr. Stefan Günther

Rechtsanwalt &

Fachanwalt für Familienrecht

Konrad-Glatt-Str.8

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